Samstag, 23. November 2024

Hegel in 60 Minuten

Bereits während seiner Studienzeit wurde Hegel mehrfach wegen zu exzessivem Kartenspiel und übermäßigem Rotweingenuss ermahnt. Er ist zweifellos einer der unkonventionellsten, heute würde man sagen, coolsten Denker überhaupt. Es wird gespottet, er hätte im Suff den "Weltgeist" entdeckt. Tatsächlich aber ist seine Welterklärung bis heute faszinierend und topaktuell. Hegel hat als erster Philosoph die Dimension des "Werdens" in seiner ganzen Tragweite erkannt. Man kann ihn mit Recht als den Charles Darwin der Philosophie bezeichnen. Denn alles, wirklich alles, so Hegel, ist in ständiger Bewegung. Das menschliche Leben hat ebenso Prozesscharakter wie die Natur und die Geschichte. Ein Mensch kommt als Säugling zur Welt, wird zum Kind, zum Jugendlichen und schließlich zum Erwachsenen. Auch die Geschichte der Menschheit schreitet von einfachsten Anfängen immer weiter voran. Eine Epoche folgt der anderen. Wenn wir heute salopp vom sogenannten "Zeitgeist" sprechen, geht dies auf Hegels große Entdeckung zurück, dass jede Zeit einen ganz bestimmten, alles durchdringenden Geist besitzt. Dieser Zeitgeist oder wie Hegel auch sagen würde, der Weltgeist, zeigt sich dann in den jeweiligen Überzeugungen der Menschen, der Moral, der Gerechtigkeit, der Kunst, Musik und Architektur. Doch damit begnügt sich Hegel nicht. Er macht noch eine zweite folgenschwere Entdeckung. Die verschiedenen Geistgestalten und Epochen, so behauptet er, sind nicht willkürlich oder zufällig aneinander gereiht, sondern folgen einem logischen Bewegungsprinzip, der sogenannten Dialektik. Das Pendel der Geschichte schlägt dialektisch mal in diese, mal in die andere Richtung aus. Aber dennoch steuert die Menschheitsgeschichte langsam und unaufhaltsam auf ein großes Ziel zu.

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