Universität Kassel
Fachbereich 05 Gesellschaftswissenschaften
Fachgebiet: Politikwissenschaften
Schriftliche Hausarbeit
Sind Reichsbürger, Selbstverwalter und Souveränisten
gefährliche Rechtsextremisten und wie wirkt sich dies auf die Waffenerlaubnis
aus?
Titel des Seminars: Einführung
in das Politikwissenschaftliche Arbeiten: Rechtsextremismus,
Rechtspopulismus und Rassismus
Modul: 1
Dozent: Lukas Kiepe
Vorgelegt von:
Michael Tryzna
Matrikelnummer:27247891
Emailadresse: michael.tryzna@student.uni-kassel.de
Kassel, den 31.08.2022
Inhaltsverzeichnis
Seite
1.Einleitung (Problemaufriss, Fragestellung, Überblick über die Arbeit) 2
2.Begriffsdefinition (Rechtsextremismus 2
3.1
Reichsbürger, Selbstverwalter und Souveränisten 4
3.2.
Verbotene Reichsbürgerorganisationen/Selbstverwalter 7
3.3. Einschätzung des
Bundesamtes für Verfassungsschutz und 8
Waffenrechtliche Konsequenzen
6.
Fazit 11
Literaturverzeichnis 13
Ehrenwörtliche
Erklärung 17
1. Problemaufriss,
Fragestellung, Überblick über die Arbeit
Die
Reichsbürger, Souveränisten und Selbstverwalter abgekürzt RSS machen in unserer
Gesellschaft immer mehr Schwierigkeiten auf verschiedenste Art und Weise, da
diese die Gesetze und Verfassung ablehnen.
Diese
sind eine heterogene Gruppe, die als Gemeinsamkeit haben, dass sie den Bestand
der BRD mit seinen Gesetzen ablehnen. Worin die Unterschiede bestehen und was
das für Auswirkungen hat ist zu untersuchen. Die Problematik wird
offensichtlich, wenn diese in Konflikt mit den Staatsorganen kommen und das auf
verschiedenen Ebenen, da die RSS sich eigene Regeln geschaffen haben und die
staatlichen Autoritäten ablehnen.
Sie
bestreiten den Bestand der BRD und lehnen damit die Verfassung ab. Außerdem
sind diese durch Gewaltaktivitäten und Waffenbesitz aufgefallen, weshalb die
staatlichen Stellen mit diesen Gruppierungen seit einigen Jahren Probleme
haben. Diese Gruppe ist keine einheitliche Gruppe, sondern besteht aus
Splittergruppen die unterschiedliche Ansichten haben. Das Problem besteht darin,
wie diese einzelnen Gruppierungen einzustufen sind und was das für Auswirkungen
auf die Waffenerlaubnis und die freiheitliche demokratische Grundordnung hat.
Deshalb stellt sich die Frage: Sind Reichsbürger, Selbstverwalter und Souveränisten Rechtsextremisten
und wirkt sich dies auf die Waffenerlaubnis aus? Hieraus können dann
Rückschlüsse auf die Gefährlichkeit der Gruppierung geschlossen werden.
Um dies
herauszufinden, ob die oben genannten Gruppen Rechtsextremistisch sind, muss
erstmal unter Punkt 2 definiert werden was unter Rechtsextremismus zu verstehen
ist. Unter Punkt 3 wird dann auf die einzelnen Gruppen also Reichsbürger, Selbstverwalter
und Souveränisten eingegangen. Was wollen diese Gruppen im Einzelnen? Welche
Elemente deuten dort auf Rechtsextremismus? Wie Stufen das Bundesamt für
Verfassungsschutz und das Landesamt für Verfassungsschutz dies ein? Wie sehen
die Nichtregierungsorganisationen wie z.B. die Antonius Stiftung die Situation?
Eine Gruppe, die bereits verboten wurde, wird vorgestellt. Abschließend wird im
Fazit zusammenfassend die Forschungsfrage beantwortet, auf problematische Dinge
eingegangen und einen Ausblick auf die Zukunft gegeben.
2. Definition (Rechtsextremismus)
Um herauszufinden,
ob die RSS rechtsextrem sind, muss erstmal definiert werden was unter
Rechtsextremismus verstanden wird. Hierzu gibt es verschiedene Definitionen und
Bestandteile von Wissenschaftlern. Das Bundesamt für Verfassungsschutz
orientiert sich genauer am Grundgesetz, wann RSS rechtsextrem sind bzw. gegen
die verfassungsrechtliche Ordnung verstoßen.
Dazu später mehr. „„Rechtsextremisten
gehen davon aus, dass die Zugehörigkeit zu einer Ethnie oder Nation über den
Wert eines Menschen entscheide. Dieses Werteverständnis steht in einem
fundamentalen Widerspruch zum Grundgesetz.
Rechtsextremisten
demonstrieren ihre Gesinnung oftmals in der Öffentlichkeit. Eine besondere
Bedeutung kommt dabei der Verwendung bestimmter Zeichen und Symbole zu. Bei
einer Reihe solcher Zeichen und Symbole hat der Gesetzgeber das Zeigen und
Verwenden in der Öffentlichkeit unter Strafe gestellt. Maßgebend sind hier die
Bestimmungen der §§ 86, 86a des Strafgesetzbuches (StGB) und der subsidiär
geltende § 20 Abs. 1, S. 1 Nr. 5 des Vereinsgesetzes (VereinsG).“ (Bundesamt für
Verfassungsschutz 2022)
Die Elemente der
rechtsextremen Weltanschauung definiert (vgl. Salzborn 2020 und Stöss 2010)
nach Einstellungen und Verhalten der Rechtsextremisten. Die Einstellungen
können sein Völkisches Denken, Biologismus/Kulturalismus, Rassismus,
Autoritarismus, Homogenitätsgedenken, Elitismus, Sexismus, Antisemitismus,
Antiamerikanismus, Geschichtsrevisionismus, Militarismus und Antirationalismus.
Vom Verhalten können Protest und Provokation, Wahlverhalten, Mitgliedschaft,
Gewalt und Terrorismus die Merkmale sein.
Zwischen der
Einstellung und dem Verhalten besteht eine Wechselbeziehung was das Verhalten
und die Einstellung noch verstärken kann. Die Einstellung geht dem Verhalten
voraus.
Hans Jaschke (vgl. Jaschke 1994:55) sagt das Volk und
Natur sind “axiomatische Grundbegriffe” rechtsextremer Ideologie.“ Natur und
Natürlichkeit werden als göttlich dargestellt. Sie sind das regulativ des
menschlichen Zusammenlebens.
Soziale (vgl. Jaschke 1994:33) Ungleichheiten sind
rassistisch/ethisch bedingt. Vorrang der Gemeinschaft vor dem Individuum
betonen, Unterordnung der Bürger unter die Staatsraison, Wertepluralismus wird
abgelehnt, liberale Demokratie wird Rückgängig gemacht.Im Fadenkreuz des rechtsextremen
Gedankengutes stehen die allgemeinen Menschenrechte.
Diese rechtsextreme
Sichtweise ist mit der Charta der Menschenrechte nicht vereinbar. Hier der
Auszug der Menschenrechte aus der UN-Charta. Diese ist Grundlage der Staaten
das Mitglied innerhalb der UN sind. Ein Vergleich mit der UN-Charta ist
weltweit ein guter Indikator, ob es zumindest in Teilbereichen der Tatbestand
des Rechtsextremismus vorliegt.
“Artikel 1
Alle Menschen sind
frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und
Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen.
Artikel 2
Jeder hat Anspruch
auf alle in dieser Erklärung verkündeten Rechte und Freiheiten, ohne
irgendeinen Unterschied, etwa nach Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Sprache,
Religion, politischer oder sonstiger Anschauung, nationaler oder sozialer
Herkunft, Vermögen, Geburt oder sonstigem Stand. Des Weiteren darf kein
Unterschied gemacht werden auf Grund der politischen, rechtlichen oder
internationalen Stellung des Landes oder Gebietes, dem eine Person angehört,
gleichgültig ob dieses unabhängig ist, unter Treuhandschaft steht, keine
Selbstregierung besitzt oder sonst in seiner Souveränität eingeschränkt ist.” (Vereinte
Nationen, 1948, Menschenrechte)
(Pfahl-Traughber
2019 S. 23) hat eine Abstufung der Extremismus stärke vorgenommen. “0=Einzelne
Extremisten in demokratischen Organisationen, 1=Bedeutsame Extremismus Anteile
in Organisationen, 2=Offizielle normen- und systembejahende Formen, 3=Offen
normenverneinende und systembejahende Formen, 4=Offen normen- und
systemverneinende legalistische Formen, 5=Offen normen- und systemverneinende
nicht-legalistische Formen, 6=Gewalttätigkeit gegen Einrichtungen oder
Fahrzeuge, 7=Gewalttätigkeit gegen Personen ohne Tötungsabsicht,
8=Gewalttätigkeit gegen Personen mit einkalkulierter Tötung, 9=Gewalttätigkeit
gegen Personen mit bewusster Mordabsicht und 10=Gewalttätigkeit gegen Personen
mit Massenmordabsicht (vgl. Pfahl-Traughber 2014).”
So eine öffentliche
Abstufung von der Staatsseite gibt es nicht. Sie könnte aber hilfreich bei
einer Verhältnismäßigkeitsabwegung bei einem Verbot sein.
Der
Geschichtsrevisionismus ist ebenfalls ein wichtiger Bestandteil des
Rechtsextremismus und besonders relevant für einige RSS Gruppierungen. Das
eigene Handeln wird durch den Umgang mit der eigenen Vergangenheit und
Geschichte legitimiert (vgl. Salzborn 2020a) Aus der Vergangenheit wird dann
für die Zukunft eine Binnenstruktur festgelegt. Bei der Vergangenheitsbewältigung
finden eine Entkontextualisierung und
Deserialisierung und oder eine Verharmlosung und Verleumdung der Vergangenheit
statt. (Salzborn 2020 S. 26). Salzborn sieht die Elemente Phantasma, Kollektiv
und Identität die ineinander übergreifen als Grundlage des rechtsextremen
Geschichtsrevisionismus.
3.1 Reichsbürger, Selbstverwalter und Souveränisten
Das Landesamt für
Verfassungsschutz definiert es so: “Reichsbürger und Selbstverwalter sind
Gruppierungen und Einzelpersonen, die aus unterschiedlichen Motiven und
unterschiedlichen Begründungen die Bundesrepublik Deutschland als Staat sowie
deren Rechtssystem und deren Staatsorgane nicht anerkennen. Als
rechtsextremistisch werden dabei jene "Reichsbürger-Aktivitäten"
bewertet, die auch rechtsextremistische Elemente wie Rassismus, Antisemitismus,
Fremdenfeindlichkeit, Nationalismus oder völkischen Kollektivismus
propagieren.” (Landesamt für Verfassungsschutz 2017). Die Geeinten deutschen
Völker und Stämme waren so extrem, dass diese verboten wurden. Ein anderes noch
nicht verbotenes Beispiel ist die “Exil Regierung Deutsches Reich” zu nennen.
(vgl. Landesamt für Verfassungsschutz Hessen 2017).
Reichsbürger
gründen Reichsregierungen mit Bezug auf die Verfassung des Deutschen Reiches an
dessen Fortbestand sie jeweils glauben.
Selbstverwalter/innen
stellen sich unter Selbstverwaltung, indem sie z.B. eigene Staaten oder
Königreiche ausrufen. Dadurch unterliegen sie nach ihrer Auffassung nicht den
Gesetzen der Bundesrepublik Deutschlands. Ein Beispiel dafür ist das Königreich
Deutschland. Peter Fitzek der selbsternannte König von “Königreich Deutschland
KRD” sagt ausdrücklich er sei kein Reichsbürger und für ihn besteht das
Deutsche Reich nicht fort. Außerdem sei er nicht rechtsextrem und
antisemitisch. Die “Staatsangehörigen” im “Königreich Deutschland” kämen aus
verschiedenen Nationen. (vgl. Königreich Deutschland-Hinter den Kulissen 2022).
Das Königreich Deutschland versucht einen eigenen Staat mit eigener Schule,
Forschungseinrichtungen, Bank, Krankenkasse, Betrieben, eigener Verfassung und
Meldewesen aufzubauen. Dabei wird den “Staatsangehörigen des Königreich
Deutschlands” völlige Steuerfreiheit versprochen. Die Gastronomiebetriebe
dürfen nur von den Staatsangehörigen des Königreich Deutschlands betreten werden
und es brauchen keine Coronaregeln eingehalten werden. (vgl. Königreich
Deutschland Strukturen)
Gegen Peter Fitzek
gab es zahlreiche Verfahren unter anderem wegen Fahren ohne Führerschein,
unerlaubte Versicherungsgeschäfte und schwere Untreue. Er saß bereits im
Gefängnis. Spannend ist es wie die Behörden die Steuerfreiheit im Königreich
Deutschland bewerten.
Grundsätzlich ist
es möglich eine eigene Kommune zu gründen und dort Wirtschaft zu betreiben.
Dies geschieht hier im Landkreis Kassel
In der Übersicht
sind die Zusammenhänge der einzelnen Gruppen gut zu erkennen. Alle haben sie
gemeinsam, dass für sie die BRD kein legitimer Staat ist. Laut (vgl.
Amadeo-Antonius-Stiftung 2014) behaupten Reichsbürger, dass die BRD nicht
existiert und/oder das Deutsche Reich fortbesteht und/oder die BRD illegal, ein
Besatzungsregime und völkerrechtswidrig sei und das Grundgesetz keine direkte
demokratische Legitimation hat.
Daraus folgt,
dass die Reichsbürger und Selbstverwalter selbst sich im Recht sehen und damit
aus ihrer Sicht nichts Unrechtes tun. Also würden sie nicht
verfassungswidrig sein und daraus folgend nicht überwacht und vielleicht
verboten werden müssen. Eine Gefährlichkeit wäre dann auch zu verneinen. Dafür
werden verschiedene rechtliche Gründe angeführt, die es zu überprüfen gilt.
1.
Grund Artikel 146 GG
Es wird von einigen Reichsbürgern und Selbstverwaltern
angeführt:
Das Grundgesetz sei
keine Verfassung. Das würde aus dem Wortlaut des Artikel 146 GG hervorgehen.
Dieses Grundgesetz,
das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte
deutsche Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine
Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung
beschlossen worden ist.“ (https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_146.html)
Es gab
Vorgaben der Alliierten für die Verfassung. Also nicht im freien Willen des
Deutschen Volkes entstanden.
2.
Artikel 23 GG alt
Das
Grundgesetz ist nicht mehr gültig, da sein Geltungsbereich zusammen mit dem
Artikel 23 GG
der alten
Fassung aufgehoben wurde.
Artikel 23
GG alt
“Dieses
Grundgesetz gilt zunächst im Gebiet der Länder Baden, Bayern, Bremen,
Groß-Berlin, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen,
Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Württemberg-Baden und
Württemberg-Hohenzollern. In anderen Teilen Deutschlands ist es nach deren
Beitritt in Kraft zu setzen”
•Quelle: https://www.chronikderwende.de/lexikon/glossar/glossar_jsp/key=art23.html
3.2. Verbotene
Reichsbürgerorganisationen/Selbstverwalter
Die
Reichsbürgerbewegung/Selbstverwalter “Geeinte deutsche Völker und
Stämme” und deren Teilorganisation Osnabrücker Landmark wurde am 19. März 2020
vom Bundesinnenminister Seehofer verboten.
Die Internetpräsenz beendet. Es
handelt sich hierbei um eine kleine Gruppierung von 21 Mitgliedern im harten
Kern und 100 Personen im Umfeld. Im Jahr 2016 wurde diese Gruppe gegründet.
Heike Maria Werding war ihre Generalbevollmächtigte. Die Gruppe hat viele
Rechtsextreme Merkmale aufgewiesen. Sie war rassistisch und antisemitisch.
(Politikwissenschaftlich begründet). Es
wird die Legitimität der Bundesrepublik Deutschland abgelehnt also die
verfassungsmäßige Ordnung der BRD. Es richtet sich alles gegen die
Völkerverständigung. (Wichtig für das ab 01.09.2020 geltende Waffengesetz,
keine Waffenerlaubnis mehr nach § 5 Abs.2 Nr. 3 Waffengesetz). Es wurden
Menschen bedroht, die ihre Ansichten nicht teilen und haben Hetze gegen Juden
und Ausländer betrieben, sowie Drohschreiben an die Behörden verfasst. Außerdem von anderen Mitbürgern
Strafzahlungen verlangt. Bei den Durchsuchungen, wo 400 Beamte daran beteiligt
waren, wurden Schusswaffen, Baseballschläger, Propagandamaterial und Drogen
beschlagnahmt. Die Gruppe hat Geschichtsrevisionismus betrieben und die
Geschichte umgedeutet. (Das ist eine Politikwissenschaftliche Begründung. Der
Verfassungsschutz richtet seine Prüfung, ob eine Gruppierung sei es ein Verein
oder Partei überwacht werden muss stark am Gesetz. Bei einem Verein wird auf
Artikel 9 Abs. 2 abgestellt, wo es heißt: “Vereinsverbote
(Bundesministerium des Inneren und für Heimat, Vereinsverbote) sind Ausdruck
unserer wehrhaften Demokratie. Vereine können gemäß Artikel 9 Abs. 2 GG dann
verboten werden, wenn ihr Zweck oder ihre Tätigkeiten den Strafgesetzen
zuwiderlaufen oder sich gegen unsere verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken
der Völkerverständigung richten.” Die Verfassungsgemäße Ordnung ist das
Grundgesetz. Das geänderte Waffengesetz spielt bei der Überwachungsintensität
eine große Rolle. Es geht um Völkerverständigung und um Ungleichbehandlung nach
Artikel 3 GG. Politikwissenschaftler definieren es genauer siehe Punkt 2. (
Herbert Reul, Landesinnenminister Nordrhein Westfalen, youtube)
Verbot
"Geeinte deutsche Völker & Stämme", Statement von Herbert Reul -
YouTube
Wappen der Geeinten deutschen Völker und Stämme.
Quelle: Bayerische Informationsstelle gegen
Extremismus, https://www.bige.bayern.de/mam/infos_zu_extremismus/images/geeinte_deutsche_v%C3%B6lker_und_st%C3%A4mme_logo_gdvust.jpg
3.3. Einschätzung des Bundesamtes für
Verfassungsschutz und Waffenrechtliche Konsequenzen
Die
Reichsbürgerbewegung wird seitdem 22. November 2016 als Sammelobjekt in Gänze
vom Bundesamt für Verfassungsschutz und den Länderverfassungsschutzämtern
überwacht. (vgl. Landesamt für Verfassungsschutz Hessen 2018). Die Zahl der
registrierten Reichsbürger steigt stetig. Deutschlandweit sind in der Szene im
Jahr 2018 19000 Personen (2017 16500 Personen) zuzurechnen. Davon sind 2018 950
(2017: 900) als rechtsextrem eingeordnet. Dieser Anstieg wird durch ein
verbessertes Informationsaufkommens erklärt. (vgl. Bundesamt für
Verfassungsschutz 2019). Laut dem Verfassungsschutzbericht des Bundesamtes für
Verfassungsschutzes von 2020 (vgl. Verfassungsschutzbericht 2020 S. 112ff) ist die Anzahl der Reichsbürger von
19.000 (2019) auf 20.000 gestiegen. Die Anzahl der Rechtsextremisten darunter
ist von 950 (2019) auf 1000 (2020) gestiegen. Derzeit gibt es 28
länderübergreifende Gruppierungen. Als Beispiele werden hier vom
Verfassungsschutz „Staatenbund
Deutsches Reich“ mit „Gliedstaaten“ − „Bismarcks Erben“ mit Untergliederung
„Vaterländischer Hilfsdienst“ (VHD) − „Verfassunggebende Versammlung“
genannt. Der Anstieg der Anzahl der
Reichsbürger und Selbstverwalter wird auf die Proteste gegen die Coronapolitik
erklärt, da viele der Reichsbürger- und Selbstverwaltergruppen gegen die
Coronamaßnahmen sind. 2000 Personen werden als Gewaltbereit eingestuft. Es gibt eine hohe Waffenaffinität. Das
Bundesamt für Verfassungsschutz hat die Personen, die es für besonders
gefährlich hält und eine Waffenerlaubnis haben den Landesbehörden dies
gemeldet. Das führte dazu, dass bis Ende 2020 880 Reichsbürgern und
Selbstverwaltern ihre Waffenrechtliche Erlaubnis entzogen wurde. Die Begründung
(vgl. OVG Koblenz Az.:
7 B 11152/18. OVG) liegt in §
5 Waffengesetz die eine Zuverlässigkeit für Waffenerlaubnis erfordert. Diese
Zuverlässigkeit wird bei Gefährlichkeit nicht angenommen. Daraus folgt der
Widerruf der Waffenerlaubnis. Hier der Auszug aus § 5 Waffengesetz, woraus zu
sehen ist wann keine Zuverlässigkeit das bedeutet, daraus folgend Gefährlichkeit
bedeutet. Deswegen muss der Verfassungsschutz alle Mitglieder genau erfassen.
§ 5 Abs.2 Nr. 3
wurde zum 01.09.2020 komplett neu eingeführt. Dies bedeutet für den
Verfassungsschutz aber auch die Polizeibehörden einen erheblichen Mehraufwand
an Arbeit dies zu überprüfen. Diese Einfügung hat es aufgrund der
Gewaltaktivitäten der Reichsbürger und Selbstverwalter wie auch einiger anderer
Extremisten gegeben.
Die Gruppe “Geeinte
deutsche Völker und Stämme” wird als aggressiv beschrieben und dass diese nach
Hausdurchsuchungen verboten wurde.
Die Reichsbürger
und Selbstverwalter werden in einer eigenen Kategorie geführt, das heißt nicht
als Untergruppe von Rechtsextremismus oder Linksextremismus.
4. Fazit
Die meisten
Reichsbürger und Selbstverwalter sind verfassungswidrig, da sie die BRD und
ihre Verfassung nicht anerkennen. Einige von ihnen wollen das Deutsche Reich in
den Grenzen von 1914 andere in den Grenzen von 1937 wieder haben, bzw. Sie
sagen diese Staaten bestehen bis heute fort.
Wieder andere Sagen das nach Artikel 146 GG die Verfassung erstmal vom
Deutschen Volk selber geschrieben werden muss und die Derzeitige, weil von den
Siegermächten aufgezwungen keine Gültigkeit hat. Das blendet der Verfassungsschutz
aus und bewertet die Gruppen nach derzeitiger Rechtslage. Einige
Selbstverwalter streben nicht nach Wiederherstellung des Deutschen Reiches in
welchen Grenzen auch immer, sondern lehnen die BRD ab und verwalten sich lieber
selbst, lehnen die staatlichen Autoritäten ab. Laut dem
Verfassungsschutzbericht 2020 sind 1000 der 20000 Reisbürger und
Selbstverwalter als Rechtsextrem eingestuft. Das bedeutet, dass der
Verfassungsschutz die Haltung der RSS, dass das Deutsche Reich in den Grenzen
von 1914 oder 1937 weiter fortbesteht, nicht als rechtsextrem einstuft, weil
dann fast 20.000 als rechtsextrem eingestuft werden müssten. Dies ist ein hoch
interessanter Sachverhalt. Auch interessant ist wie dann mit den 1000
Rechtsextremisten umgegangen wird. Die meisten RSS sind Vereine und Vereine
können im Gegensatz zu Parteien nach Artikel 9 Abs. 2 GG i.V.m. § 3
Vereinsgesetz vom Innenminister leicht verboten werden. Nur die
Reichsbürgergruppe die auch Selbstverwalter sind “Geeinte deutsche Völker und
Stämme mit der Teilorganisation Osnabrücker Landmark wurde verboten.
Warum gerade diese kleine nur 21 Mitglieder starke Gruppe verboten wurde und
andere viel Größere nicht ist nicht ganz klar, da sie ähnliche Merkmale wie
andere Gruppen aufweist, hier allerdings von einer großen Aggressivität
gesprochen wird. Eine Taxonomie der Gefährlichkeit wie das bei Phahl-Traughber
beschrieben wird, wo man sagen könnte, wenn z.B. mindestens Stufe (5=Offen
normen- und systemverneinende nicht-legalistische Formen) erreicht ist werden
diese Organisationen verboten gibt es nicht. Wenn man sich die Waffenaffinität
ansieht ist zu fragen, ob nicht schon Stufe 6=Gewalttätigkeit gegen
Einrichtungen oder Fahrzeuge oder Stufe 7=Gewalttätigkeit gegen Personen ohne Tötungsabsicht oder sogar Stufe 8=Gewalttätigkeit gegen Personen mit
einkalkulierter Tötung erreicht ist.
Stufe 7 schien bei den Geeinten Stämmen deutscher Völker erreicht
gewesen zu sein.
Strenggenommen, wenn man den Gesetzestext des
Artikel 9 GG liest, wo es heißt. (1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine
und Gesellschaften zu bilden.
(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren
Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die
verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung
richten, sind verboten. (Bundesministerium der Justiz)
Konsequenter Weise müsste schon bei Stufe 4=Offen normen- und systemverneinende legalistische
Formen, ein
Verbot erfolgen. Es gilt hier in
Deutschland klar zu definieren, wann ein Verbot erfolgt und wann nicht. Eine
Übernahme der Taxonomie von Pfahl Taughbehr wäre empfehlenswert.
Wenn § 9 Abs.2 GG streng ausgelegt werden
würde müssten die meisten Reichsbürger und Selbstverwalter sofort verboten
werden und alle hätten keine Waffenerlaubnis mehr, da diese nach § 5 Abs. 2 Nr.
2 dann wegen Unzuverlässigkeit verwirkt wäre.
Bei Vorstrafen nach § 5 Waffen Abs. 1 Nr. 1 ist der Widerruf auch leicht
möglich.
Da das nicht
passiert hat der Verfassungsschutz bei den Reichsbürgern und Selbstverwaltern
viel mehr Arbeit als bei einer Partei. Denn die Partei würde bei Stufe 4=Offen normen- und systemverneinende
legalistische Formen trotz hoher Hürden eines Verbotes vor dem
Bundesverfassungsgericht verboten werden.
Nur im Ansatz möglicherweise zu verstehen, dass eben diese Vereine bei
Wahlen nicht antreten können und somit die freiheitlich demokratische
Grundordnung nicht beseitigen können, obwohl sie Dieses wollen.
Die Entziehung der Waffenerlaubnis wie diese heute
praktiziert wird ist teilweise juristisch problematisch, da dies nachgewiesen
werden muss das Unzuverlässigkeit besteht. Es wird teilweise auf § 5 Abs. 1 Nr.
2 abgestellt. Das ist Auslegungssache, ob derjenige mit Waffen umgehen kann
oder nicht. Nach § 5 Abs.2 Nr. 3 Waffengesetz nach muss der Kampf gegen die
freiheitliche demokratische Grundordnung oder gegen das friedliche Miteinander
der Völker oder auswärtige Belange der BRD gefährden oder eine Vereinigung
angehört oder unterstützt haben die das obige wollen.
Wie sich die Entwicklung der Reichsbürger und Selbstverwalter
in Zukunft entwickeln wird hängt davon ab, ob es zu mehr verboten kommt und ob
die Protestgründe gegen den Staat wie z.B. die Coronapandemie steigen und ob
diese Bewegungen wirtschaftlich Erfolg haben.
Insgesamt kann man sagen stehen die Reichsbürger viel
weiter von der freiheitlich demokratischen Grundordnung entfernt als die
meisten extremen Parteien, da diese die staatliche Autorität meist anerkennen.
Da diese bei Wahlen nicht antreten können lässt man diese gewähren. Ob dies
gemacht wird damit diese besser beobachtet werden können, als wenn diese
untertauchen würden, ist offen.
Umso mehr Mitglieder vorhanden sind umso größer ist schon
allein aufgrund des Waffengesetzes der Beobachtungsbedarf. Auch wichtig in dem
Zusammenhang wird sein, ob die neue Bundesregierung das Waffengesetz erneut
ändert.
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OVG Koblenz: "Reichsbürger" müssen Waffen abgeben, Beschluß
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https://www.un.org/depts/german/menschenrechte/aemr.pdf
Abgerufen am 28.03.2022 um 15 Uhr
Ehrenwörtliche Erklärung
Hiermit bestätige ich, dass ich die vorliegende
Arbeit mit dem Titel: Reichsbürger und Staatenleugner – Wer sind die
Reichsbürger? eigenständig angefertigt und keine anderen als die angegebenen
Quellen und Hilfsmittel benutzt habe. Des Weiteren erkläre ich, dass ich alle
wörtlichen und indirekten Zitate sowie Grafiken, Tabellen und Abbildungen aus
den angegebenen Quellen und Hilfsmitteln korrekt gekennzeichnet habe. Mir ist
bekannt, dass ein Verstoß gegen diese Regelung als Plagiat betrachtet wird. In
diesem Fall wird die Arbeit mit „nicht ausreichend“ bewertet.
Kassel, 31.08.2022 Michael Tryzna